Geschichten
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Oh, du mein schöner Wald
Ich liebe den Wald!
Er ist mein bester Freund hienieden.
Zu jeder Tages und Jahreszeit überrascht er mich,
wenn ich ihn besuche.
Sein zartes Grün im Frühling, seine bunte Farbenvielfalt im Herbst.
Tiefgrünes Moos, gespenstische Skulpturen aus Wurzeln und Baumstümpfen.
Die Vielfalt an Gräsern, Sträuchern und Pilzen.
Das milde Licht und der Chor der Vögel.
All das beruhigt mich und zieht mich in seinen Bann.
Danke, mein Freund!
Ich komme schon morgen wieder, denn ich liebe dich.
Wilfried Ledolter
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Herbstszeit ist eine wundervolle Zeit. Gertrud liebt sie von Herzen, und fast ein bisschen, ein klitzekleines Bisschen, ist die Zeit der Herbsternte ihre liebste im Jahr.
Was gibt es auch Schöneres, als die Früchte der Arbeit in den Händen zu halten und sie für die dunkle Jahreszeit zu verarbeiten und haltbar zu machen.
Diese Tage der Ernte erinnern sie auch ganz besonders an früher. Sie riechen nach Kindheit, überall. Auf den Feldern, im Garten, in der Küche, im Keller und ganz besonders auch auf dem Dachboden. Süß und schwer hängt dort der Duft von reifen Quitten in der Luft. Er vermischt sich mit dem würzig feinen Geruch knackiger Äpfel und süßer Birnen.
Die alten Holzbalken knarren unter ihren Schritten, als Gertrud nun vorsichtig einen weiteren Korb mit Äpfeln hier oben abstellt.
Sie bleibt stehen, schließt die Augen, atmet tief ein und verliert sich in diese einzigartige Duftsymphonie inmitten all der Körbe mit Früchten.
Und für einen Moment ist sie wieder ein Kind.
Damals, bei Oma: Der Obstgarten leuchtete in allen Farben, und sie kletterte auf einen kleinen Hocker, um die goldgelben Apfelringe auf eine Schnur zu fädeln. Mimi, ihre Schwester, saß neben ihr und drehte geduldig die Scheiben durch den Apfelschäler. Oma schnitt die Quitten auf, hart wie Holz, aber mit diesem unverwechselbaren Duft, der durch das ganze Haus zog. Auf dem Herd köchelte Pflaumenmus, und im Hof stampfte der Opa den frischen Most in der Kelter.
Gertrud hört wieder das Lachen der Kinder von damals, das Rascheln der Herbstblätter, das dumpfe Poltern der Äpfel in die Holzkisten. Sie spürt die raue Rinde des Pflaumenbaums und das Knistern des Herbstfeuers, an dem die nassen Stiefel dampfen.
Ein leiser Windhauch weht durch das Dachfenster und trägt den Duft weiter in ihr Herz. Langsam öffnet sie die Augen.
Vor ihr stehen die neuen Apfelkisten, ordentlich nebeneinander, wie damals bei Oma. Unten im Keller lagern schon die Gläser mit Kompott und Gemüse, die Flaschen mit süßem Apfel- und Traubensaft, daneben die Zwiebelzöpfe und die Körbe mit Nüssen. Alles ist bereit für den Winter.
Gertrud streicht über eine Quitte, als wäre sie ein Schatz.
„Danke“, flüstert sie. „Danke für diesen Herbst. Danke, dass es solche Tage gibt.
Und danke, dass die Erinnerungen bleiben.“
© Elke Bräunling